Faeser meldet zusätzliche Grenzkontrollen bei EU an

Verstärkte Schleierfahndung, punktuelle Kontrollen an den Grenzen – lange hat sich die Innenministerin gesträubt, stationäre Kontrollen an weiteren Grenzabschnitten anzuordnen. Jetzt ist die Entscheidung gefallen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat stationäre Kontrollen für die Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz bei der EU-Kommission angemeldet. Wie ihr Ministerium mitteilte, sollen zudem die vorübergehenden Kontrollen der Bundespolizei direkt an der Grenze zu Österreich, die es bereits seit Herbst 2015 gibt, um weitere sechs Monate verlängert werden.

Faeser begründete ihre Entscheidung mit der Begrenzung der irregulären Migration. Außerdem gehe es darum, „die Schleusungskriminalität noch stärker zu bekämpfen“. Von Anfang Januar bis Anfang Oktober hat die Bundespolizei laut Bundesinnenministerium etwa 98.000 unerlaubte Einreisen nach Deutschland festgestellt.

„Die Bundespolizei kann nun flexibel, je nach aktueller Lage das gesamte Bündel an stationären und mobilen grenzpolizeilichen Maßnahmen einsetzen“, sagte Faeser. Ihr sei besonders wichtig, „dass sich die Kontrollen so wenig wie möglich auf den Alltag von Pendlern, auf den Handel und auf den Reiseverkehr auswirken“.

Schleuser sollen besser gestoppt werden

Faeser hatte zuletzt verstärkte Kontrollen in der Nähe der östlichen Grenze angekündigt und dabei die Rechtsauffassung vertreten, dass die Bundespolizei dabei punktuell – etwa, wenn man dort gerade eine Schleusung vermutet – auch direkt an der Grenze Fahrzeuge anhalten könne. Forderungen der CDU-Innenminister von Sachsen und Brandenburg, Armin Schuster und Michael Stübgen, wies sie unter anderem mit dem Argument zurück, wer an der Grenze ein Asylbegehren äußere, könne in der Regel ohnehin nicht zurückgewiesen werden.

Schleuser sind mit stationären Kontrollen allerdings leichter zu schnappen, denn bei Kontrollen jenseits der Grenze sind sie oft schon verschwunden, wenn die Polizei die irregulär eingereisten Menschen aufgreift.

Zurückweisungen an Schengen-Binnengrenzen sind rechtlich nur dann zulässig, wenn zuvor die temporäre Wiedereinführung von Grenzkontrollen gegenüber der EU-Kommission notifiziert wurde. Zurückweisungen kommen aber nur in relativ wenigen Fällen zur Anwendung, etwa wenn ein Ausländer mit einer Einreisesperre belegt ist oder wenn er keinen Asylantrag stellt.

Woidke begrüßt geplante Grenzkontrollen

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hält die Anmeldung fester Grenzkontrollen bei der EU auch für die deutsch-polnische Grenze für richtig. Er hält zugleich Gespräche mit Polen für nötig. „Wir müssen alles unternehmen, um die illegale Schleusung einzudämmen. Der jetzige Zustand ist nicht hinnehmbar“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam. „Der Staat muss hier handeln. Die stationären Kontrollen können dazu ein wichtiger Beitrag sein.“ Entscheidend sei jedoch der Schutz der EU-Außengrenzen: „Hier muss die Bundesregierung schnell mit der künftigen polnischen Regierung sprechen.“

Frankreich nutzt bereits punktuelle Kontrollen

Obwohl im Schengen-Raum eigentlich das Prinzip der offenen Binnengrenzen gilt, haben aktuell mehrere Staaten Grenzkontrollen notifiziert. Frankreich hat etwa unter Verweis auf Terror-Risiken und irreguläre Migration über die zentrale Mittelmeerroute und die sogenannte Balkanroute Kontrollen an seinen Grenzen zu Belgien, Luxemburg, Deutschland, Italien, Spanien und der Schweiz beantragt. Die Franzosen kontrollieren aber nicht überall rund um die Uhr, sondern eher punktuell und lageangepasst. So ähnlich soll es künftig wohl auch an der Grenze Deutschlands zu Tschechien, Polen und der Schweiz laufen.

Zwischen Anfang Januar und Ende September haben in Deutschland 233.744 Menschen erstmals einen Asylantrag gestellt, rund 73 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Viele Kommunen sehen sich, was die Unterbringung, Versorgung und Integration der Geflüchteten angeht, an der Belastungsgrenze – auch weil seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 mehr als eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nach Deutschland gekommen sind. (dpa)