Neuer Anlauf für Geisel-Deal im Gaza-Krieg

Die humanitäre Lage im Gazastreifen wird immer schlimmer. Können die Vermittler diesmal eine Feuerpause aushandeln? Die News im Überblick.

Im Gaza-Krieg verdichten sich nach wochenlangem Stillstand die Anzeichen für mögliche Fortschritte in den Verhandlungen über eine Feuerpause und Freilassung von Geiseln. Die Gespräche der internationalen Vermittler verliefen „konstruktiv“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, in Washington.

Die Vermittler kommen laut Medienberichten heute in Paris zu einer neuen Verhandlungsrunde zusammen. Auch Israel wolle eine Delegation schicken angesichts von Berichten, wonach die islamistische Hamas ihre Position abgeschwächt habe, meldete die „Times of Israel“.

Israels Verteidigungsminister Yoav Galant sagte laut der Nachrichtenseite „Ynet“ nach einem Treffen mit dem Nahost-Koordinator des Weißen Hauses, Brett McGurk, Israel werde das Mandat seiner Verhandlungsführer für die Geisel-Gespräche „ausweiten“. Ein Anführer der Hamas sagte am selben Tag, er halte ein neues Geisel-Abkommen in naher Zukunft für möglich.

Während einer einwöchigen Feuerpause im vergangenen November waren im Rahmen eines Abkommens zwischen Israel und der Hamas 105 Geiseln im Gegenzug für 240 palästinensische Häftlinge freigelassen worden. Von den restlichen Geiseln dürften nach israelischen Informationen höchstens noch rund 100 am Leben sein.

Israels Armee: Terroranschlag im Westjordanland vereitelt

Das israelische Militär hat in der Stadt Dschenin im Westjordanland nach eigenen Angaben einen Terroranschlag vereitelt. Wie die Armee am frühen Morgen bekannt gab, wurde ein Mitglied der Terrororganisation Islamischer Dschihad bei einem Drohnenangriff in Dschenin ausgeschaltet. Der Mann sei auf dem Weg gewesen, einen Anschlag zu verüben. Er sei in den vergangenen Monaten an mehreren Angriffen auf israelische Gemeinden und Militärposten beteiligt gewesen.

Weitere Terroristen bei Einsatz in Gaza getötet

Die israelische Armee hat bei den seit Wochen andauernden Kämpfen im Westen der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens nach eigenen Angaben weitere Gegner getötet. Wie das Militär mitteilte, hätten Scharfschützen und Drohnen in den vergangenen 24 Stunden mehr als zehn Terroristen getötet.

Während des Einsatzes hätten drei Terroristen eine Panzerfaust auf die israelischen Truppen abgefeuert. Sie seien eliminiert worden. Auf israelischer Seite habe es keine Verletzten gegeben, hieß es. Es seien zudem ein Waffenlager, eine Kommandozentrale und ein Gelände, auf dem sich mehrere Terroristen in unmittelbarer Nähe der Truppen aufhielten, zerstört worden. Die Angaben des Militärs konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

Auch im Norden sowie im Zentrum des abgeriegelten Küstenstreifens seien mehrere Terroristen getötet und Waffenlager gefunden worden, hieß es weiter. Zudem hätten die Truppen weitere Tunnelschächte freigelegt.

Augenzeugen: Proteste in Gaza gegen Hamas

Im Gazastreifen demonstrierten Augenzeugen zufolge Hunderte Palästinenser für mehr Hilfslieferungen und gegen die Hamas. Teilnehmer der spontanen Kundgebung im Norden des Küstengebiets hielten demnach Schilder mit Aufschriften wie „Nieder mit der Hamas!“ und „Wir wollen essen, den Krieg beenden – unsere Kinder sterben vor Hunger“.

Kinder klopften den Angaben zufolge auf leeres Geschirr, um so den Mangel an Essen zu zeigen. Augenzeugen berichteten der dpa, dass Polizisten, die von der Hamas gestellt werden, in Richtung der Demonstranten geschossen hätten, um die Menschen auseinanderzutreiben. Berichte über Verletzte gab es zunächst nicht. Die Angaben lassen sich kaum unabhängig überprüfen.

Laut dem UN-Welternährungsprogramm (WFP) droht immer mehr Menschen im Gazastreifen der Hungertod. Bei Lebensmittellieferungen in den Norden kam es den Angaben zufolge zu Ausschreitungen. An einigen Orten seien jüngst ganze Lastwagen geplündert worden. Schüsse seien gefallen und ein Lkw-Fahrer angegriffen und verletzt worden. Das WFP kündigte danach an, die Lieferung von Nahrungsmitteln in den Norden Gazas vorübergehend wieder auszusetzen.

Der Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks UNRWA, Philippe Lazzarini, warf derweil israelischen Kräften innerhalb des Regierungsapparats konzertierte Aktionen zur Behinderung der Arbeit der Organisation vor. Das Hilfswerk könnte das von der UN-Vollversammlung erteilte Mandat bald nicht mehr erfüllen, schrieb Lazzarini in einem Brief an den Präsidenten der UN-Vollversammlung.

Bericht: Netanjahu legt Plan für Zeit nach Krieg vor

Unterdessen hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dem Sicherheitskabinett laut der Zeitung „Times of Israel“ seinen Plan für die Verwaltung des Gazastreifens nach dem Krieg vorgelegt. Dieser sehe – wie von Netanjahu zuvor immer wieder bekräftigt – die volle Sicherheitskontrolle über das gesamte Küstengebiet durch das israelische Militär vor, berichtete die Zeitung.

Bezüglich der künftigen Verwaltung des Gazastreifens heiße es in dem Grundsatzpapier in vager Formulierung, sie würde von „lokalen Beamten“ mit fachlicher Erfahrung geleitet. Dabei werde es sich um Personen ohne Verbindungen zu „Ländern oder Organisationen, die den Terrorismus unterstützen“, handeln.

Die im Westjordanland regierende Palästinensische Autonomiebehörde (PA) werde in dem Plan nicht ausdrücklich genannt, hieß es in dem Bericht. Ihre Beteiligung an der künftigen Verwaltung des Gazastreifens werde darin aber auch nicht ausgeschlossen. Die USA setzen auf eine umgestaltete PA von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und wollen, dass sie auch im Gazastreifen wieder die Kontrolle übernimmt.

Israel lehnt das ab und wirft der Autonomiebehörde vor, Terror zu unterstützen. Die Hamas hatte 2007 ein Jahr nach ihrem Wahlsieg gewaltsam die alleinige Macht im Gazastreifen an sich gerissen. Israels erklärtes Ziel ist, die Hamas militärisch zu zerschlagen und die Geiseln zu befreien.

Forderung in Israel nach Siedlungsbau im Westjordanland

Nach einem palästinensischen Terroranschlag nahe Jerusalem will Israels rechtsextremer Finanzminister Bezalel Smotrich den Siedlungsbau im von Israel besetzten Westjordanland vorantreiben. Wie die Zeitung „Times of Israel“ in der Nacht berichtete, werde der für die Genehmigung des Baus von Siedlerhäusern zuständige Ausschuss zu diesem Zweck in Kürze zusammenkommen.

Smotrich wolle, dass mehr als 3000 zusätzliche Häuser im Westjordanland gebaut werden, hieß es. Er reagierte damit auf einen Terroranschlag vom Vortag auf einer Autobahn nahe Jerusalem, bei dem nach Angaben von Sanitätern mindestens ein Israeli getötet wurde und mehrere Menschen teils schwer verletzt wurden. Nach Angaben des israelischen Inlandsgeheimdienstes handelte es sich bei den drei Tätern um Palästinenser aus Bethlehem im Westjordanland. Sie wurden bei dem Anschlag getötet. (dpa)