Geheimdienstkontrolle: Debatte über Wahl von Reichinnek

Die Linksfraktion will ihre Vorsitzende ins Parlamentarische Kontrollgremium schicken. In der Union gibt es Widerstände dagegen. Welche Konsequenzen hätte es, wenn Heidi Reichinnek durchfallen würde?

SPD-Innenexperte Lars Castellucci plädiert anders als Kollegen aus der Unionsfraktion dafür, Linksfraktionschefin Heidi Reichinnek ins Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) zu wählen. „Es gibt keine Gründe, sie nicht zu wählen – anders als bei den Kandidaten der AfD“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Es sei wichtig, dass der Bundestag die Sicherheitsbehörden kontrolliere. „Dabei sollte man die demokratischen Oppositionsfraktionen einbeziehen.“

Der Bundestag wählt heute die Mitglieder des Ausschusses, der für die Kontrolle der Geheimdienste zuständig ist. Das Gremium, das unter strenger Geheimhaltung in einem abhörsicheren Raum tagt, soll künftig aus neun Abgeordneten bestehen. Zwei Sitze entfallen auf die AfD, einer auf die Linksfraktion. Diese hat ihre Vorsitzende Reichinnek nominiert.

Dagegen regt sich aber Widerstand in der Union. CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann hatte dem „Spiegel“ gesagt: „Dieses hochsensible Gremium braucht passendes Personal statt parteipolitischer Provokation. Die Nominierung von Frau Reichinnek ist das genaue Gegenteil.“

Bei ihrer Wahl im Bundestag brauchen die Kandidaten eine absolute Mehrheit. Die Linke ist also auf Stimmen der Union angewiesen. Sollten weder Reichinnek noch die AfD-Kandidaten gewählt werden, wäre Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz künftig der einzige Oppositionsvertreter in dem Ausschuss.

Linke verknüpft Wahl mit Zustimmung bei anderen Abstimmungen

Reichinnek droht mit Konsequenzen, falls die Unionsfraktion ihr die Unterstützung verweigere. „Ich erwarte, dass die Union mit ihren fakten- und substanzlosen Anwürfen aufhört und der Linksfraktion den ihr zustehenden Platz im PKGr ermöglicht“, sagte sie dem RND. „Sollte das nicht geschehen, müsste man sich Gedanken machen über die weitere Zusammenarbeit.“

Die Fraktionschefin verwies darauf, dass die Union an vielen Stellen auf die Linke angewiesen sei, etwa bei der Wahl von Verfassungsrichtern oder der Reform der Schuldenbremse.

FDP-Politiker Kuhle befürchtet Schwächung der Kontrolle

Der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle warnt vor einer Schwächung der Geheimdienst-Kontrolle. Er verwies im „Stern“ auf die Folgen, falls nicht nur die beiden AfD-Kandidaten durchfallen sollten, sondern auch Reichinnek.

„Die Kontrolle gegenüber der Regierung und der sie tragenden Parlamentsmehrheit durch die Opposition wird auf einen einzigen Abgeordneten zurechtgestutzt“, kritisiert Kuhle, bisher selbst Mitglied im PKGr. „Das ist gerade in Zeiten internationaler Krisen nicht der richtige Weg.“

Das PKGr überwacht die Geheimdienste und bekommt Zugang zu sensiblen Informationen. Den Vorsitz soll der nordrhein-westfälische CDU-Abgeordnete Marc Henrichmann übernehmen. Der bisherige Vorsitzende Roderich Kiesewetter (CDU) wurde von seiner Fraktion nicht mehr nominiert. Auch der frühere SPD-Vize Ralf Stegner ist künftig nicht mehr dabei. (dpa)