Söder: Bayern nicht landesweit zum Corona-Hotspot erklären

Lange wurde spekuliert, wie der Freistaat in der Praxis mit den von Bayern vielfach kritisierten neue Corona-Regelung des Bundes umgeht. Recht simpel: Der Regierungschef setzt auf Vorsicht – und Lebensfreude.

Trotz landesweit extrem hoher Corona-Inzidenzen soll Bayern nach den Worten von Ministerpräsident Markus Söder nicht zum Hotspot erklärt werden. „Das werden wir nicht tun“, sagte der CSU-Chef am Montag am Rande eines Termins auf dem Münchner Viktualienmarkt. „Ich bin dagegen, dass man alles absagt, sondern wir bleiben vorsichtig. Aber wir müssen auch ein bisschen versuchen, Normalität in den schweren Zeiten trotzdem zu leben.“ Es sei wichtig, „ein bisschen Lebensfreude“ zu erhalten ohne dabei die Vorsicht ganz aufzugeben. Die Menschen brauchten Nähe und das Miteinander.

Das Kabinett muss am Dienstag über die künftigen Corona-Regeln für den Freistaat entscheiden. In dem Zusammenhang war viel darüber spekuliert worden, ob die Regierung den gesamten Freistaat zum Hotspot erklären. Im Kern geht es um die Frage, ob etwa die Maskenpflicht in Innenräumen über den 2. April hinaus beibehalten werden soll. Dazu müsste das Land aber formal zum Hotspot erklärt und dies dann letztlich auch im Landtag beschlossen werden. Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hatte das geplante Ende der meisten Corona-Beschränkungen bereits wiederholt kritisiert und will die Maskenpflicht um vier Wochen verlängern.

Die gemeldeten Corona-Infektionszahlen in Bayern waren über das Wochenende wieder leicht zurückgegangen. Das Robert Koch-Institut verzeichnete am Montag eine Sieben-Tage-Inzidenz von 2178,1 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Am Freitag hatte der Wert den Rekord von 2199,9 erreicht. Die bayerischen Gesundheitsämter meldeten laut RKI 20.601 neue Ansteckungen innerhalb von 24 Stunden. Die Zahl der Toten im Zusammenhang mit Corona stieg um 13 auf insgesamt 22.394 seit Pandemiebeginn.

Die tatsächlichen Infektionszahlen sind nach Einschätzung des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) noch höher. Gründe sind die Dunkelziffer unerkannter Infektionen und Meldeverzögerungen bei den kommunalen Behörden. Die Staatsregierung hatte vom Bund zuletzt – bislang vergeblich – entweder eine Verlängerung der Übergangsfrist oder bundesweit einheitliche Kriterien für die Anwendung der Hotspot-Regel gefordert. Dies soll auch Thema der Gesundheitsministerkonferenz am Montag sein.

Letztlich muss das Kabinett aber am Dienstag entscheiden – ansonsten bleibt es dabei, dass die Regeln auslaufen. Denkbar ist auch, dass die Hotspot-Regelung erst zu einem späteren Zeitpunkt genutzt wird.

Auch Bayerns Vize-Ministerpräsident und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger hält es nicht für sinnvoll, ganz Bayern zum Corona-Hotspot zu erklären. „Die Voraussetzungen sind nicht erfüllt, weil wir weder eine besonders gefährliche Virusvariante haben, noch das Gesundheitswesen flächendeckend vor der Überlastung steht“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Montag).

Für den Fall der Einstufung von ganz Bayern zum Corona-Hotspot hat die FDP der Staatsregierung mit einem juristischen Nachspiel gedroht. „Die Debatte um einen bayernweiten Hotspot entbehrt jeder Substanz: Eine Gebietskörperschaft kann nur zum Hotspot erklärt werden, wenn dort eine gefährlichere Virusvariante auftaucht oder eine Überlastung der Krankenhauskapazitäten droht. Diese Bedingungen sind bezogen auf Bayern nicht erfüllt“, sagte FDP-Landeschef Martin Hagen in München. Hohe Infektionszahlen allein reichten als Begründung nicht aus. „Sollte der Landtag dennoch entscheiden, Bayern zum Hotspot zu erklären, werden wir dagegen klagen.“

FDP-Chef Hagen hält die Kritik Holetscheks für falsch: „Das Infektionsschutzgesetz gilt, auch wenn es Herrn Holetschek nicht gefällt. Der Zeitpunkt für die Lockerungen ist genau richtig: Bundesweit ebbt das Infektionsgeschehen ab, die Infektionszahlen sinken, der R-Wert liegt heute bei 0,78. Der Höhepunkt der Omikron-Welle scheint überschritten.“ Trotz hoher Inzidenzen habe sich die Zahl der Corona-Patienten auf den Intensivstationen in den vergangenen drei Monaten halbiert. (dpa)