Turbulenter Streit nach umstrittenen Aiwanger-Äußerungen

Knapp vier Monate vor der Wahl hat der Wahlkampf auch den Landtag voll erfasst. So sehr sich die CSU zuletzt von Äußerungen Hubert Aiwangers distanziert hatte – im Parlament sind die Fronten wieder völlig klar.

Die umstrittenen Äußerungen von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) auf einer Kundgebung haben zu heftigem Streit und turbulenten Wortgefechten im Landtag geführt. Aiwanger wiederholte seine viel kritisierte Forderung vom Wochenende, dass die Menschen sich die „Demokratie zurückholen“ müssten, in einer Regierungserklärung am Mittwoch zwar nicht. Er ging aber auch nicht auf die breite Kritik daran auch vom eigenen Koalitionspartner CSU ein. Die Grünen forderten Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf, Aiwanger zu entlassen.

Aiwanger war für seine Äußerung vor 13.000 Menschen am Samstag in Erding, die an bekannte AfD-Wortwahl erinnerte, parteiübergreifend scharf kritisiert worden. Auch die CSU hatte Aiwanger dafür gerügt, öffentlich und auch intern in einer Kabinettssitzung am Dienstag.

Am Mittwoch standen CSU und Freie Wähler im Landtag aber wieder eng zusammen. Knapp vier Monate vor der Landtagswahl holte Aiwanger, unter lautem Applaus auch vom Koalitionspartner, zu einem neuen Rundumschlag gegen die Ampel-Parteien aus. Der Freie-Wähler-Chef warf SPD, Grünen und FDP in der Bundesregierung unter anderem eine „Deindustrialisierungspolitik“, eine fehlgeleitete Wirtschafts- und Energiepolitik und einen „beschränkten Horizont“ vor.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze warf Aiwanger vor, die Menschen mit seiner Wortwahl gegen die parlamentarische Demokratie aufzuwiegeln. Das sei unwürdig. Der Freie-Wähler-Chef entspreche damit der Lehrbuchbeschreibung eines astreinen Rechtspopulisten und geistigen Brandstifters. Söder trage als Ministerpräsident Verantwortung für sein Kabinett – er müsse Aiwanger entlassen.

Söder, der für seine eigene Teilnahme an der Erdinger Kundgebung ebenfalls kritisiert worden war, war zu Aiwangers Regierungserklärung und der anschließenden Debatte nicht in der Plenarsitzung.

Gerd Mannes (AfD) fragte daraufhin, warum ein Wirtschaftsminister zurücktreten solle, wenn er nach viereinhalb Jahren einmal eine vernünftige Rede gehalten habe. Schulze wertete dies als Bestätigung ihrer Kritik: „Wenn man die Geister ruft, dann sind sie da.“

Aiwanger erneuerte in der schon länger geplanten Regierungserklärung unter anderem die Forderung nach drastischen Steuersenkungen, insbesondere forderte er einen Industriestrompreis von nur noch vier Cent netto. Im Moment seien die Steuern in Deutschland viel zu hoch, viele Firmen drohten abzuwandern. Die Bundesregierung verdiene also momentan mit am Untergang vieler Wirtschaftsbranchen, kritisierte Aiwanger. Die Ampel gefährde sehenden Auges den Wohlstand auch in Bayern. Schulze forderte die Staatsregierung im Gegenzug auf, endlich einen klaren Fokus auf den Ausbau erneuerbarer Energien und auf die Bekämpfung des zunehmenden Fachkräftemangels im Land zu legen. (dpa/lby)