Windkraft: Bayern hinkt deutlich hinterher

Auch wenn der langjährige Stillstand beim Ausbau der Windkraft überwunden scheint, ist die Lage im Freistaat noch immer alles andere als gut. Deutlich wird das in der Relation von Leistung und Fläche.

Der Freistaat Bayern hinkt bei der Nutzung der Windenergie weiter den meisten Bundesländern deutlich hinterher. Umgerechnet auf die Landesfläche gab es im ersten Halbjahr 2023 gerade einmal eine Leistung von 37 Kilowatt pro Quadratkilometer. Damit rangiert das flächenmäßig größte Bundesland auf dem letzten Platz unter den Flächenländern.

Nur im Stadtstaat Berlin (19 kW/qkm) gibt es noch weniger Leistung, wie eine am Dienstag in Berlin vorgestellte Auswertung der Deutschen Windguard ergab. Auch im benachbarten Baden-Württemberg (50 kW/qkm) und in Sachsen (72 kW/qkm) wird die Windenergie bezogen auf die Landesfläche noch immer nicht ansatzweise so genutzt, wie es für eine erfolgreiche Energiewende notwendig wäre.

Die Auswertung wurde im Auftrag des Bundesverbandes Windenergie (BWE) und des Fachverbands der Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA Power System erstellt. Spitzenreiter bei der regionalen Verteilung der Windkraft ist Schleswig-Holstein mit 505 Kilowatt pro Quadratkilometer, das ist mehr als die 13-fache Leistung aus Bayern. Auch Niedersachsen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, das Saarland und sogar der Stadtstaat Bremen liegen im Vergleich weit vor Bayern.

„Die CSU ist ein Standortnachteil für Bayern. Wo erneuerbare Energien nicht verfügbar sind, gerät die Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr“, sagte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann. Während Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Bund den Ausbau der erneuerbaren Energien entfesselt habe, stehe Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) weiter auf der Bremse: „Warum sonst weißt er die Vorranggebiete für Windkraft erst zum gesetzlich festgelegten letztmöglichen Zeitpunkt 2032 aus und nicht schon bis 2024? Das ist wirtschaftsfeindliche Politik.“

Auch FDP-Fraktionschef Martin Hagen fand klare Worte: „Die Studie zeigt schwarz auf weiß: Die Staatsregierung hat die Energiewende kolossal versemmelt.“ Das sei eine Katastrophe für unsere Industrie und die Sicherheit vieler guter Arbeitsplätze im Freistaat. „Wir müssen jetzt schnell handeln und die bürokratischen Bremsen für den Ausbau erneuerbarer Energien lösen. Privaten, genossenschaftlichen und kommunalen Investoren muss es schnell leichter gemacht werden, Energieprojekte zu realisieren.“

Der Auswertung zufolge sind derzeit in Bayern 1149 Windenergieanlagen mit einer kumulierten Leistung von 2629 Megawatt im Einsatz. Aufgrund der unterschiedlichen Größe der Bundesländer ist die Aussagekraft der installierten Leistung allein jedoch begrenzt. Gerade hinsichtlich möglicher Potenziale zur Windkraftnutzung macht es daher Sinn, den Leistungsbestand auf die Landesfläche zu beziehen.

Doch auch beim simplen Vergleich der Gesamtleistung rangiert Bayern unter den Flächenländern nur im unteren Mittelfeld. Zum Vergleich: Die kleineren Bundesländer Niedersachsen (12.268 Megawatt), Brandenburg (8403 Megawatt) und Nordrhein-Westfalen (6901 Megawatt) produzieren ein Vielfaches mehr als Bayern.

Für das erste Halbjahr 2023 verortet der Bericht Bayern beim Ausbau der Windkraft auf den vorletzten Rang mit einem Brutto-Zubau von 18 Megawatt und fünf neuen Windkraftanlagen, zugleich attestiert die Statistik einen Rückbau von zwei Megawatt und von einer Anlage. Im Schnitt liefert eine bayerische Anlage 3,6 Megawatt, hat einen Rotordurchmesser von 134 Metern und eine Gesamthöhe von 223 Metern. Bundesweit liegt der Leistungsschnitt pro Anlage bei 4,7 Megawatt.

Die Verbände bewerteten den bundesweiten Ausbau durchaus positiv, betonten aber, dass das Ziel von 115 Gigawatt Leistung durch Windenergie im Jahr 2030 mit der aktuellen Dynamik nicht erreichbar sei. „Insbesondere in Süddeutschland stockt der Ausbau weiterhin, aber auch in den führenden Ländern besteht deutlich Luft nach oben“, sagte Bärbel Heidebroek, Präsidentin des Bundesverbands Windenergie. Es brauche in allen Ländern deutlich mehr Tempo. (dpa/lby)