Im Lockdown wird weniger eingebrochen und geklaut, der Rückgang der Kriminalität in den Jahren 2020 und 2021 war deshalb leicht zu erklären. Jetzt liegen frische Zahlen auf dem Tisch. Sie sehen auch im Vergleich mit „vor Corona“ gut aus. Doch es gibt Ausnahmen.
Die Zahl der Straftaten in Bayern hat im vergangenen Jahr wieder zugenommen – doch der Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 fällt unterm Strich positiv aus. Die Straftaten ohne ausländerrechtliche Verstöße blieben 2022 mit 561.392 Fällen um 1,2 Prozent unter dem Niveau des Jahres 2019, wie Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Mittwoch bei der Vorstellung der Kriminalstatistik in München erläuterte. Die Aufklärungsquote verfehlte mit 64,4 Prozent allerdings den Wert von 2019 um 0,6 Punkte.
Im Vergleich zum Jahr 2021 nahmen die Straftaten um 10,4 Prozent zu. Ein erwartbarer Effekt, wie Herrmann betonte. Denn während der Pandemie war die Zahl der Straftaten in vielen Bereichen stark gesunken – was die Polizei in erster Linie auf die Corona-Maßnahmen zurückführte. Im zurückliegenden Jahr wurden die meisten Beschränkungen wieder aufgehoben.
Insgesamt stieg die Kriminalitätsbelastung – die Zahl der Straftaten je 100.000 Einwohner – im vergangenen Jahr wieder deutlich an. Im Vergleich zum Jahr 2019 hingegen sank sie um 1,9 Prozent auf 4260. In einigen Bereichen legte die Zahl der Delikte auch signifikant zu. Eine Übersicht der wichtigsten Entwicklungen, jeweils im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019:
Gewaltkriminalität
Bei Delikten wie Mord, Totschlag und Vergewaltigung stieg die Zahl der Straftaten um 3,3 Prozent auf rund 20.600. Die Aufklärungsquote hingegen sank auf 84 Prozent. Schwerpunkt stellten mit einem Anteil von knapp vier Fünftel die gefährlichen und schweren Körperverletzungen dar.
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung
Die Zahl der sogenannten Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung stieg im Vergleich zu 2019 um 77 Prozent auf rund 16.000. Laut Herrmann ist dies insbesondere auf die starke Zunahme von Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung kinderpornografischer Inhalte zurückzuführen – der Minister verzeichnete einen Anstieg um 4725 Fälle oder 272,3 Prozent. Die Aufklärungsquote lag bei diesen Fällen bei knapp 85 Prozent, wobei von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werde.
Internetkriminalität
Bei der Internetkriminalität wie Betrug oder Cybermobbing setzte sich der rasante Anstieg der Pandemie-Jahre fort: Seit 2019 stieg die Zahl der Delikte um knapp 52 Prozent auf fast 45.100. Experten gehen aber auch hier von einer hohen Dunkelziffer aus. Der materielle Schaden betrug zuletzt knapp 45 Millionen Euro. Auch bei der eigentlichen Cyberkriminalität, etwa durch gezielte Angriffe auf IT-Systeme von Firmen, gab es einen zweistelligen Zuwachs der Fälle. Die Aufklärungsquote von knapp 52 Prozent bezeichnete Herrmann immer noch als zu niedrig, doch die Polizei habe aufgeholt. «Es lohnt sich, Anzeige zu erstatten.»
Diebstahlsdelikte
Diebstähle waren während der Pandemie etwa durch Ladenschließungen teils gar nicht möglich, teils deutlich erschwert. Auch nach dem Ende der meisten Corona-Maßnahmen gab es 2022 einen weiteren Rückgang. Im Vergleich zu 2019 zeigte die Statistik ein Minus von 4,7 Prozent auf gut 138.000 Fälle.
Wohnungseinbrüche
Der Trend zu weniger Delikten hält auch bei den Wohnungseinbrüchen an. Seit 2019 sank deren Zahl um fast 35 Prozent auf 2844. Nur 21 Prozent der Fälle wurden dagegen aufgeklärt.
Vermögens- und Fälschungsdelikte
Darunter fallen nicht nur Straftaten wie Subventionsbetrug und Urkundenfälschung, sondern auch der Betrug professioneller Banden, die gutgläubige Menschen mittels Call-Center um ihr Erspartes bringen. 2022 wurden dabei vermehrt Messenger verwendet, um als vermeintliche Verwandte eher kleinere Beträge zu ergaunern. Dennoch ging die Zahl der Straftaten in diesem Bereich 2022 im Vergleich zu 2019 um 1,1 Prozent auf 109.400 Fälle zurück. Die Aufklärungsquote betrug 61 Prozent.
Rauschgiftkriminalität
Bei der Drogenkriminalität verzeichnete die Polizei einen Rückgang zu 2019 um 9,7 Prozent auf 50.500 Fälle. Die Aufklärungsquote liegt bei mehr als 93 Prozent.
Ausländerrechtliche Verstöße
Mit 57.700 Verstößen gegen das Ausländerrecht – darunter fallen etwa Verstöße gegen das Aufenthalts- oder Asylgesetz – gab es 2022 im Vergleich zu 2019 einen Anstieg um knapp 63 Prozent.
Anteil tatverdächtiger Ausländer
2022 waren von den insgesamt 256.035 Tatverdächtigen (ohne ausländerrechtliche Verstöße) 162.660 Deutsche und 93.375 Nichtdeutsche – ein Anteil von 36,5 Prozent. Unter den nichtdeutschen Tatverdächtigen befanden sich 26.588 Zuwanderer. Dazu zählen Statistiker etwa Asylbewerber, Geduldete und Flüchtlinge. Sie haben einen Anteil an allen Tatverdächtigen von 10,4 Prozent. (dpa/lby)