Polizei sucht nach Erklärungen für Zunahme von Gewalt

Die Zahl der registrierten Straftaten ist zuletzt gestiegen. Das Bundeskriminalamt fragt nach den Ursachen und sieht auch Nachwirkungen der Corona-Pandemie.

Die Polizei hat im vergangenen Jahr in Deutschland so viele Straftaten registriert wie seit 2016 nicht mehr. Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) nahm auch die Gewaltkriminalität zu.

Drei Faktoren könnten bei dieser insgesamt ungünstigen Entwicklung nach Einschätzung des Bundeskriminalamtes (BKA) 2023 eine Rolle gespielt haben: Nachwirkungen der Corona-Pandemie, die hohe Inflation und starke Zuwanderung innerhalb eines kurzen Zeitraums, die für den Einzelnen zu schlechteren Integrationschancen führen kann.

Im Jahr 2023 wurden bundesweit rund 5,94 Millionen Straftaten statistisch erfasst. Das sind 5,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Jahr 2022 war der Anstieg noch höher gewesen: Damals hatte die Polizei rund 5,63 Millionen Straftaten registriert, was einem Plus von 11,5 Prozent entsprach.

Allerdings hatte hier noch der Corona-Effekt eine starke Rolle gespielt. Denn aufgrund der staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 hatte es in den Vorjahren weniger Tatgelegenheiten gegeben, zum Beispiel für Taschendiebe, da sich weniger Menschen im öffentlichen Raum begegneten.

Die Gewaltkriminalität nahm im Jahr 2023 laut Statistik um 8,6 Prozent auf knapp 214.100 Fälle zu. Sie erreichte damit den höchsten Stand seit 2007.

Die Folgen der Corona-Pandemie wirken nach Einschätzung des BKA bis heute nach. Erstens vermuten die Experten Nachholeffekte – also dass Straftaten mangels Gelegenheit später verübt wurden. Zweitens verweisen sie auf Studien, die zeigen, dass die psychischen Belastungen aus der Zeit, als Schulen und Universitäten geschlossen waren, bei jungen Menschen teils auch nach Beendigung der staatlichen Maßnahmen noch wirken.

Das erklärt vielleicht zum Teil auch einen weiteren besorgniserregenden Befund der Statistik: Die Zahl der minderjährigen Straftäter nimmt weiter zu. Gehörten im Jahr 2022 bundesweit 13,4 Prozent aller Tatverdächtigen zur Gruppe der Kinder und Jugendlichen, so stieg ihr Anteil im vergangenen Jahr auf 13,8 Prozent.

Besonders hoch war der Zuwachs den Angaben zufolge bei minderjährigen Ausländern. Allerdings stieg im untersuchten Zeitraum auch der Anteil nicht deutscher Kinder und Jugendlicher an der Bevölkerung, vor allem durch Zuwanderung.

Auch die relativ hohe Inflation und ihre wirtschaftlichen und sozialen Folgen könnten 2023 zu mehr Straftaten geführt haben. Zumindest fielen die Fall- und Tatverdächtigenzahlen in ökonomisch schwächeren Regionen höher aus – und zwar sowohl in den Städten als auch in ländlichen Gebieten. (dpa)