Wandern statt Skifahren? Mittelgebirge müssen umdenken

Seit Wochen wartet man in den bayerischen Mittelgebirgen vergeblich auf Schnee oder zumindest Frost. Im Fichtelgebirge startet passenderweise kommende Woche der 5. deutsche Winterwandertag. Denn Wandern funktioniert auch ohne Schnee.

Seit Wochen ist Wintersport in den bayerischen Mittelgebirgen kaum mehr möglich. Nach Experteneinschätzung wird sich dieser Trend in den kommenden Wintern fortsetzen. Derzeit liegt kaum Schnee und es ist zu mild, um Kunstschnee zu produzieren. Alternativen sind gefragt – im Fichtelgebirge etwa startet am kommenden Mittwoch (18. Januar) der 5. Deutsche Winterwandertag. „Das Interesse am Winterwandern wird zunehmen, es ist die perfekte Alternative zum Skisport“, sagte Jens Kuhr vom Deutschen Wanderverband (DWV).

Maximilian Witting, Wissenschaftler an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit Schwerpunkt Klimawandel und Wintersport, sagte: „Gerade die Orte und Regionen der Mittelgebirge müssen sich darauf einstellen, dass die Voraussetzungen für Wintersport sich weiter verschlechtern werden. Die Schneefallgrenze steigt bereits jetzt, das wird fortschreiten. Schneereiche Winter wird es zwar weiterhin geben, aber sie werden deutlich seltener auftreten als in der Vergangenheit.“

Der Beschneiungsbedarf steige also, zugleich würden sich aber die Bedingungen für die Beschneiung verschlechtern. Irgendwann sei die künstliche Beschneiung nicht mehr rentabel.

„Der Trend wird so sein, dass die Saison immer später startet. Zugleich nehmen die sogenannten optimalen Skitage, also Tage an denen gutes Wetter und die Landschaft schneebedeckt ist, ab“, sagte Witting weiter. Zudem verlagere sich die Saison weiter nach hinten – Schnee liegt dann möglicherweise, wenn die Menschen eigentlich keine Lust mehr aufs Skifahren haben. „Das wird betroffene Skigebiete zunehmend wirtschaftlich in Bedrängnis bringen.“ Deshalb seien Alternativen wichtig: „Je früher eine Region sich darüber Gedanken macht, wie man sich zukunftsfähig aufstellen kann, desto eher wird sie eine Chance haben.“

Auch im Fichtelgebirge bei Bayreuth standen die Lifte zuletzt still. Stattdessen werden ab Mittwoch die Wanderbegeisterten aus ganz Deutschland erwartet. Winterwandern rund um den Ochsenkopf habe mittlerweile einen hohen Stellenwert erreicht, sagte Andreas Munder, Chef der Tourismus & Marketing GmbH Ochsenkopf. Die alternativen Wintersport- und Gesundheitsangebote in heilklimatischer Umgebung hätten sich bewährt.

2018 fand der Deutsche Winterwandertag bereits schon einmal in der Ochsenkopf-Region statt, 2500 Menschen nahmen daran teil. In diesem Jahr gehören 64 Wandertouren zum Programm.

Doch nicht alle Urlauber und Tagesausflügler, die bisher die Mittelgebirge angesteuert haben, dürften sich vom Wandern überzeugen lassen, wenn die Pisten und Loipen grün sind.

Man könne verschiedene Gästetypen im Wintersport unterscheiden, sagte Experte Witting: „Gäste, die unbedingt weiterhin Wintersport betreiben wollen, werden ihren Urlaub in eine andere, schneesicherere Destination verlagern. Aber es gibt auch Gäste, die dem Ort oder der Region sehr treu sind.“ Diese seien eher bereit, sich auf andere Aktivitäten wie Wandern oder Mountainbiken einzulassen oder zu einem späteren Zeitpunkt, bei besseren Wintersportbedingungen, zu kommen.

Außerdem gebe es eine Gruppe, denen Nachhaltigkeit und Klimaschutz wichtig seien, und die keinen Wintersport mehr ausüben werden. Diese Gruppe werde in Zukunft womöglich wachsen.

„Es hängt also vom Gästetyp ab und von der jeweiligen Region, was man anbietet, um den Naturraum touristisch zu nutzen. Das hängt auch davon ab, welche Rolle der Wirtschaftsfaktor Tourismus für die Region insgesamt spielt und wie viel die Region bereit beziehungsweise in der Lage ist in Alternativen zu investieren.“ (dpa/lby)