Die neunjährige Peggy verschwindet auf dem Heimweg von der Schule – spurlos. Fast 20 Jahre später glaubt niemand mehr, dass das Verbrechen je aufgeklärt wird. Das ist auch nicht das Ziel der neuen Serie, die im ZDF läuft.
Schon wenige Stunden nach dem Verschwinden von Peggy Knobloch im Frühjahr 2001 belagerten Journalisten ihren fränkischen Heimatort Lichtenberg. Sie berichteten über jeden noch so kleinen Hinweis, sie ließen die Einwohner nicht in Ruhe und begaben sich selbst auf Spurensuche. Auch nachdem die Ermittlungen vor ein paar Monaten offiziell eingestellt wurden, scheint das Interesse nicht abzureißen. In sechs Folgen rollt eine ZDF-Serie ab dem 8. Januar (Freitag) einen der bekanntesten ungelösten Kriminalfälle Deutschlands noch einmal auf.
„Höllental“ heißt die Serie – so wie das Flusstal im Frankenwald, an den die Kleinstadt Lichtenberg direkt angrenzt. Das ZDF nützt den furchteinflößenden Namen und zeigt tatsächlich ein Tal der Hölle: Die Kamera fliegt über die dichten Baumwipfel, verirrt sich auf der Suche nach dem Mädchen zwischen den Bäumen. Selten hat ein Wald so bedrohlich gewirkt.
Auch Lichtenberg wird nur als verlassener Ort zwischen Nebelschwaden gezeigt. Die Straßen menschenleer, die Stimmung erdrückend. Keine Frage, mag der Zuschauer denken: Hier muss ein solches Verbrechen stattfinden. „Wir zeigen diese Orte in einer von Menschen und Fahrzeugen entleerten Hyperrealität“, erklärte Regisseurin Marie Wilke. „Die Welt in „Höllental“ ist für mich ein Modell der realen Welt, in der verschiedene Versionen der möglichen Wirklichkeit dargestellt werden.“
Originalschauplätze wechseln sich ab mit Aufnahmen von Polizeiakten, Fotos und Medienberichten. Die Doku-Serie lässt Journalisten und Nachbarn detailgetreu von Peggy berichten. Über ihren Alltag, ihre Offenheit gegenüber Fremden und ihre letzten Stunden. Polizisten geraten ins Stocken, wenn sie von dem Gefühl der Ohnmacht erzählen, das sich im Laufe der Jahre nur noch verstärkte. Immer wieder weicht dabei die düstere Hintergrundmusik ein paar Sekunden Stille.
Schauspieler oder Fiktion braucht das True-Crime-Format nicht, die Realität ist erdrückend genug. Von dem spurlosen Verschwinden, den Fehlern bei den Ermittlungen und im Gerichtssaal über das Finden der Leiche bis zum Einstellen des Verfahrens mangels Beweisen. Sechs Folgen braucht die Serie, um das Verbrechen neu zu erzählen. Doch wirklich Neues bringt „Höllental“ nicht hervor.
„Ich bin nicht mit einem investigativen oder journalistischen Anspruch an „Höllental“ herangegangen“, betonte die Regisseurin. Der Gedanke an Peggy sei für sie zentral gewesen. Sie habe nach einer Haltung gesucht, wie sie die Geschichte des Verschwindens erzählen kann. So lässt die Serie viele Fragen offen – wie das Verbrechen selbst. (dpa/lby)