Vieles läuft in Untersuchungsausschüssen normalerweise einvernehmlich zwischen Opposition und Koalition ab – insbesondere wenn es um Anträge geht. Im NSU-Ausschuss knirscht es aber nun gewaltig.
Im NSU-Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags gibt es heftigen Streit zwischen Opposition und Koalition – der am Ende vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof landen könnte.
CSU und Freie Wähler lehnten in der jüngsten Sitzung am Donnerstag mehrere Beweisanträge von Grünen, SPD und FDP zu einer Datenpanne beim Landeskriminalamt ab. Der Ausschussvorsitzende Toni Schuberl (Grüne) warf den Koalitionsfraktionen deshalb am Freitag vor, die Arbeit des Gremiums zu gefährden. Voraussichtlich im Herbst müsse nun das Landtagsplenum über die Anträge abstimmen. Sollten CSU und Freie Wähler bei ihrem Nein bleiben, werde er vorschlagen, vor den Verfassungsgerichtshof zu ziehen, sagte Schuberl der Deutschen Presse-Agentur. Holger Dremel (CSU) verteidigte die Ablehnung der Anträge – diese seien nicht vom Untersuchungsauftrag gedeckt.
Ziel des zweiten NSU-Untersuchungsausschusses ist es unter anderem, mögliche Verbindungen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ in die bayerische Neonazi-Szene aufzuklären. Die Neonazi-Terrorzelle – Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt – war über Jahre mordend durch Deutschland gezogen. Ihre Opfer waren neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft sowie eine deutsche Polizistin. Mundlos und Böhnhardt verübten zudem zwei Bombenanschläge mit Dutzenden Verletzten. Die beiden töteten sich 2011, um ihrer drohenden Festnahme zu entgehen – erst damit flog der NSU auf. Zschäpe, die einzige Überlebende des Trios, wurde nach mehr als fünf Jahren Prozessdauer im Juli 2018 zu lebenslanger Haft verurteilt.
Zuletzt hatte das Landeskriminalamt (LKA) im Untersuchungsausschuss einräumen müssen, dass es durch eine technische Panne versehentlich zur Löschung von Daten auch im Zusammenhang mit dem NSU gekommen sei. Das Problem sei aber binnen Stunden erkannt worden. Man gehe auch davon aus, dass die Daten komplett wiederhergestellt werden können.
Dem wollten die Oppositionsfraktionen nun genauer auf den Grund gehen – und unter anderem zwei LKA-Mitarbeiter sowie den bayerischen Datenschutzbeauftragten als sachverständigen Zeugen laden.
Dremel sagte dagegen, man könne nicht die Löschung von Personendaten untersuchen, die nichts mit dem Auftrag des Untersuchungsausschusses zu tun hätten. Deshalb habe man die Beweisanträge als unzulässig abgelehnt. Abgesehen davon habe man nach den Darstellungen der LKA-Spitze keinen Zweifel, dass alle Daten wiederhergestellt werden können. „Wir wollen uns deshalb auf die inhaltliche Aufklärungsarbeit konzentrieren, die von unserem Auftrag gedeckt ist“, sagte Dremel. Schuberl dagegen hält die Beweisanträge sehr wohl für zulässig – es gehe schlicht darum, die Vollständigkeit von Beweisen zu überprüfen.
Bereits in der kommenden Woche wird im Landtagsplenum über einen anderen Beweisantrag beraten, den die Koalitionsfraktionen ebenfalls als unzulässig abgelehnt hatten. Dabei ging es um einen umfangreichen Bericht, den die Opposition von der Staatsregierung anfordern wollte. (dpa)