Coronavirus: Was Arbeitnehmer wissen müssen

Das Coronavirus sorgt auch arbeitsrechtlich für Verunsicherung.

Mit diesen Tipps von Rechtsanwältin Stefanie Lahovnik von Rechtsanwälte Kröber PartmbB in Weiden sind Sie rechtlich auf der sicheren Seite:

 

© Symbolfoto: Christin Klose/dpa

 

 

1. Ich habe Angst, mich mit dem Coronavirus anzustecken. Bin ich verpflichtet, in die Arbeit zu gehen?

Allein die Angst, sich anzustecken reicht nicht aus, um der Arbeit fern zu bleiben. Schließlich sind Sie zur Arbeit verpflichtet. Nur wenn Sie tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt sind, dürfen Sie der Arbeit fernbleiben. Auch die Furcht vor einer möglichen Infizierung bei der Arbeit oder auf dem Weg dorthin reicht nicht aus.

 

2. Wie sieht es mit Heimarbeit aus?

Auch hier gilt: Allein aus Furcht vor einer Infizierung ist es Ihnen nicht erlaubt, der Arbeitsstätte fernzubleiben. Nur Ihr Arbeitgeber darf entscheiden, ob Sie von Zuhause aus arbeiten dürfen oder nicht. Sollte es zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber aktuell keine solche Sonderregelung wegen des Coronavirus geben, ist der Arbeitsort grundsätzlich der im Vertrag vereinbarte Ort, im Zweifel also der Betrieb. Sollten Sie unerlaubt nicht zur Arbeit erscheinen, kann Ihr Chef Sie abmahnen und letzten Endes sogar kündigen.

 

 3. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) wurde eingestellt. Muss ich dennoch bei meinem Arbeitgeber erscheinen?

Sie tragen das so genannte „Wegerisiko“. Damit ist gemeint, dass Sie dafür sorgen müssen, pünktlich bei der Arbeit zu sein. Tritt allerdings der Fall ein, dass es keine Möglichkeit für Sie gibt zur Arbeit zu kommen, müssen Sie nicht direkt eine Abmahnung fürchten: Eine Abmahnung durch Ihren Arbeitgeber erfolgt nur, wenn sie die Unpünktlichkeit oder das Nichterscheinen selbst verschulden. Anders verhält es sich, wenn in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen ausdrücklich eine andere Regelung vereinbart ist. Jedoch bekommen Sie für die Zeit, in der Sie nicht in der Arbeit sind, grundsätzlich kein Geld.

 

4. Was passiert, wenn die Krippe, der Kindergarten bzw. die Schule meines Kindes schließt? Darf ich dann Zuhause bleiben?

Grundsätzlich schulden Sie Ihre Arbeit und zwar unabhängig davon, ob Ihr Kind betreut ist oder nicht. Sie als Elternteil müssen sich dann um eine alternative Betreuung kümmern. Wenn Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen aus Vorsicht zum Infektionsschutz geschlossen sind, dürfen Sie im absoluten Notfall trotzdem zu Hause bleiben, um ihre Kinder zu betreuen. Ob Sie dann auch weiter ihr Gehalt bekommen, sollten Sie jedoch schnellstmöglich mit Ihrem Arbeitgeber klären.

Nach § 616 BGB kann ein Arbeitnehmer, welcher ohne eigenes Verschulden aus einem persönlichen Grund verhindert ist zur Arbeit zu kommen, kurzfristig weiter einen Anspruch auf Gehalt haben.

Sofern das Verhältnis zwischen Ihrem Arbeitgeber und Ihnen unversehrt ist, ist es auch oft möglich, dass Sie die fehlenden Arbeitszeiten nacharbeiten oder sich kurzfristig einen Tag Urlaub eintragen lassen. Darauf haben Sie allerdings keinen generellen Anspruch. Folglich können Sie selbst nicht kurzfristig Urlaub nehmen, da jeder Urlaub von Ihnen beantragt und von Ihrem Arbeitgeber bewilligt werden muss.

 

5. Ich muss in Quarantäne. Bekomme ich trotzdem weiterhin mein Entgelt?

Für den Fall, dass sich die Situation verschärft und daraufhin Maßnahmen ergriffen werden, um eine weitere Infizierung des Coronavirus gering zu halten, ist neben Beschäftigungs-/Arbeitsverboten auch eine Anordnung zur Beobachtung bzw. Quarantäne von einzelnen Personen möglich. Allerdings besteht kein Entgeltfortzahlungsanspruch, wenn lediglich wegen eines Verdachts ein infektionsschutzrechtliches Beschäftigungsverbot im Raum steht. In diesem Fall hat der betroffene Arbeitnehmer jedoch Anspruch auf Entschädigungsleistung gemäß § 56 Abs. 1 lfSG. Dieser beläuft sich in Höhe des Krankengeldanspruchs. Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass eine Person tatsächlich krank ist und krankgeschrieben wurde, gilt die normale Regelung für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Folglich erhält man dann – wie üblich – sechs Wochen lang sein Gehalt vom Arbeitgeber und danach Krankengeld von der Krankenkasse.

 

6. Bin ich gezwungen, Urlaub zu nehmen, wenn mein Arbeitgeber wegen des Coronavirus schließt?

Hier verhält es sich so, dass Sie nicht verpflichtet sind, „Zwangsurlaub“ zu nehmen. Wenn Ihre Arbeitsstätte durch Ihren Chef geschlossen wird und Sie dadurch nicht zur Arbeit erscheinen können, befindet sich der Arbeitgeber im sogenannten Annahmeverzug. Folglich müssen Sie sich hierfür keine Urlaubstage anrechnen lassen.

 

7. Was passiert, wenn das zuständige Amt meine Arbeitsstätte schließt? Wird mein Gehalt weiterhin gezahlt?

Dieses Szenario ist in Italien bereits geschehen und grundsätzlich auch bei uns möglich. Dies dürfte ein Fall des Betriebsrisikos sein. Als Betriebsrisiko des Arbeitgebers werden alle Umstände bezeichnet, die die Arbeitsleistung und deren Annahme durch den Arbeitgeber aus Gründen unmöglich machen, die im betrieblichen Bereich liegen. Dabei ist es egal, ob die Störung von Ihrem Arbeitgeber eigens verursacht wurde oder nicht. Ebenso können äußere Umstände zum Betriebsrisiko zählen. Es ist daher auch möglich, dass eine Störung durch eine Einstellung des Betriebes im Anschluss an eine amtliche Anordnung entsteht. Dies je nachdem, ob die Störung grundsätzlich im Risikobereich des Arbeitgebers liegt. Schließt der Betrieb wegen des Coronavirus, so ist es Ihnen in vielen Fällen nicht möglich, die vertraglich geschuldete Arbeit an den Betrieb leisten zu können. Sie erhalten somit gemäß § 615 Satz 3 BGB Lohnfortzahlung, da dies im Risikobereich Ihres Arbeitgebers liegt.

 

8. Darf mich mein Arbeitgeber bei der aktuellen Lage ins Ausland schicken?

Generell schon. Es liegt kein allgemeines Leistungsverweigerungsrecht vor. Ob Sie zur Arbeitsleistung im Ausland verpflichtet sind, ersehen Sie aus Ihrem Arbeitsvertrag. Doch auch wenn in Ihrem Arbeitsvertrag Auslandsreisen vorgeschrieben sind, kann der Arbeitgeber Sie nicht uneingeschränkt ins Ausland beordern. Das ihm zustehende Weisungsrecht darf nach § 106 Gewerbeordnung (GewO) nur nach „billigem Ermessen“ ausgeübt werden. Im Rahmen einer Abwägung der gegenseitigen Interessen ist zwingend auch die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zu beachten. Insbesondere der Schutz der Gesundheit seiner Mitarbeiter zählt hierzu. Ist eine Gefährdung für Sie gegeben, so entspricht eine Auslandsreise nicht mehr billigem Ermessen.

Dies gilt erst recht dann, wenn für die zu bereisende Region eine offizielle Reisewarnung verhängt wurde, z. B. für einige Regionen in China und Italien. Dienstreisen dorthin steht aktuell noch nichts im Wege, auch wenn hier die Reise billigem Ermessen entsprechen muss. Auch Ihre individuelle Situation könnte evtl. eine Rolle spielen. Sollte eine Vorerkrankung bei Ihnen vorhanden sein, kann das in einer vorzunehmenden Abwägung dazu führen, dass Sie die Reise verweigern können. Dies unterliegt jedoch der Einzelfallprüfung.